Wohnhaus Ohlauer Str. 36 an Genossenschaft Luisenstadt eG verkauft

Freitag, 3. Juni 2022
Pressemitteilung von: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

Das Wohnhaus Ohlauer Str. 36 in Berlin Kreuzberg ist im Interesse der Mieter*innen und desVerkäufers, eines Erben aus Oldenburg, an die Kreuzberger Genossenschaft Luisenstadt eG verkauft worden. Die Mitglieder der lokalen Luisenstadt eG haben dies Ende 2021 in einem intensivenAustausch zusammen mit Aufsichtsrat und Vorstand entschieden.

Das Mehrfamilienhaus umfasst 15 Wohn- und 4 Gewerbeeinheiten. Die Mieter*innen wohnen teilsschon seit den 90er Jahren in dem Haus. Eine eng verbundene und organisch gewachsene typische„Kreuzberger Mischung“.

Die Erfolgsstory wurde von den Mieter*innen ins Rollen gebracht, als sie sich Ende 2020 mit Bitte umUnterstützung an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wandte. Nachdem die Eigentümerinverstorben war, hatten sie von der Hausverwaltung die erschreckende Nachricht über eineErbenermittlung und den drohenden Verkauf erhalten. Im April 2021 bat ein Hausbewohner undGenosse der Luisenstadt eG, eben diese, sich mit dem Thema zu befassen.

In einem arbeitsreichen und über 12 Monate währenden Prozess wurde der Plan in die Tatumgesetzt. Das vom Eigentümer beauftrage Maklerbüro Friedrichs Immobilien GmbH in Oldenburgsowie dessen Partner Immobilien Thomas Nagel in Berlin signalisierten von vornherein Interesse aneinem kooperativen Vorgehen.

Das übliche Profitstreben bei solchen Verkaufsprozessen wurde dabei nicht verfolgt und trotzdemkonnte ein befriedigender Verkaufspreis erzielt werden. Insgesamt ein vorbildlichesGemeinschaftsprojekt aus Eigentümer, Mieter*innen, Makler, der AKS Gemeinwohl, derGenossenschaft als Käuferin sowie der Politik im Bezirksamt.

Die Luisenstadt eG konnte mit dem Hauskauf als Genossenschaft einen Beitrag zur Heterogenität desKiezes leisten und die Hausgemeinschaft erhalten. Getreu dem Motto: „Die Häuser denen, die drinwohnen“.

Die vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg geförderte Beratungs- und Vermittlungsstelle AKSGemeinwohl begleitete das Vorhaben seit Februar 2021. Ihre Mission: sogenannte „präventiveErwerbe“ durch gemeinwohlorientierte Immobilienunternehmen zu unterstützen. Dies soll denVerwertungsdruck auf Immobilien reduzieren und Mieter*innen vor Verdrängung schützen, indemEigentümer*innen und Mieter*innen über Möglichkeiten des gemeinwohlorientierten Verkaufs einesGrundstücks beraten und mit gemeinwohlorientierten Unternehmen in Kontakt gebracht werden.

Die Luisenstadt eG erhält für den Erwerb Unterstützung durch ein Förderdarlehen derInvestitionsbank Berlin (IBB) aus Landesmitteln. Dies wird im Rahmen der Genossenschaftsförderungder Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen bereitgestellt. So wird eineMietpreisbindung und 25% Sozialwohnungen im Haus für einen Zeitraum von 30 Jahren gesichert.

Eindrücke der Beteiligten:

Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und kooperative Stadtentwicklung, Florian Schmidt: „Es freut mich sehr, dass der Verkäufer großes Interesse an einer auch zukünftigengemeinwohlorientierten Bewirtschaftung des Grundstücks zeigt und viel Vertrauen und Geduld in dieVermittlung eingebracht hat. Zudem bin ich sehr erfreut darüber, dass mit der Luisenstadt eG eineweitere Genossenschaft als Kooperationspartnerin gewonnen werden konnte. Dank gilt auch an dieSenatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und die IBB, die erneut zügig einFörderdarlehen bereitgestellt haben.“

Verkäufer, Herr P.: „Die ganze Sache ist sehr gut gelaufen. Die Mieter wollten von vornherein einengenossenschaftlichen Kauf, den ich gerne unterstützt habe, da ich selbst in bescheidenenVerhältnissen lebe und als kleiner Handwerker das Bedürfnis nach sicherem Wohnraum zu fairenKonditionen gut nachvollziehen kann. Der Kaufpreis ist angemessen und alle beteiligten Parteien sindüberaus zufrieden.“„Die Mieter haben mich angeschrieben und mich gebeten, das Haus zu behalten. Das hätteich gerne gemacht, aber es war mir aus Kostengründen nicht möglich. Von Anfang an habe ichgesagt, dass der Preis nicht der höchste, aber ein fairer sein soll.“

Luisenstadt eG, Vorstand: „Das gegenseitige Vertrauen und die Geduld zwischen den Parteien hat mich sehrbeeindruckt. Alles in allem ein großartiges Beispiel für einen gemeinwohlorientierten Verkauf, demhoffentlich noch viele folgen werden.” (Andrea Steinke)„Ich war beeindruckt vom guten Willen des Verkäufers; das kann gar nicht deutlich genughervorgehoben werden. Die Unterstützung innerhalb der Genossenschaft war ein deutliches Zeichenfür die gemeinwohlorientierte Grundhaltung unserer Genossen.“ (Ragnar Bergt)

Mieter*innen: „Das Ganze begann mit einem Schreck mit der Nachricht, dass unser Haus verkauft werdensoll. Dann wurden wir aktiv und eins führte zum anderen. Der Erbe und neue Besitzer hat uns zumStaunen gebracht, dass es auch anders geht und er vor allem unsere Situation sofort verstehenkonnte. “ (Volker)„Für mich ist Gemeinschaftssinn in fast allen Belangen eine wichtige Größe fürs menschlicheMiteinander. Mit unserer Hausgemeinschaft konnten wir in diesem kooperativen Sinne – auch mitHöhen und Tiefen in allen Abwägungen der Diskussionen – an alle herantreten, um Hilfe bitten, unsselbst kümmern, der Genossenschaft vertrauen und werden nun mit Gemeinschaftsgefühl undeinem “geretteten” Haus belohnt.“ (Martina)„Das war nur möglich, da alle Interessenvertreter – vor allen Dingen der Hausbesitzer -diesem Sinn folgen. Danke an alle Beteiligten!“ (Safija)„Wir bedanken uns beim Erben für diese tolle Chance und blicken mit großer Freude undErleichterung auf die nächste Zeit: eine tolle Hausgemeinschaft wird ihr Zusammenleben und dieNachbarschaft im Kiez nun sicher und kreativ weitergestalten.” (Das Atelier OH!)„Hurra!! Es ist uns mit allen Beteiligten zusammen gelungen unser Haus dem spekulativenWohnungsmarkt zu entziehen. Wir können wieder ruhig schlafen. Wohnen darf keine Ware sein! Wirsind froh, dass wir es geschafft haben, die Situation zu lösen mit dem Kauf durch die Luisenstadt eG.Das war ein totaler Glücksfall für uns.“ (Ringo)

Makler, Herr Scheufen und Herr Nagel: „Wir haben hier gezeigt, dass es auch anders geht. Klassische Maklerarbeitmit vertrauensvoller und konstruktiver Zusammenarbeit. Jeder der Beteiligten hat einen Beitraggeleistet, um diese Transaktion auf den Weg zum Erfolg zu bringen.“

„Bei unserem ersten Besuch schaute hinter jedem Fenster ein verunsicherter und skeptischerMieter hervor. Das hat sich mit der Zeit geändert. Vertrauen wurde aufgebaut durch persönlicheGespräche und durch die Bereitschaft, der genossenschaftlichen Lösung mit Fairness und sachlicherDiskussion zu begegnen. Das außergewöhnliche Resultat und die Zufriedenheit aller Beteiligtenspricht für sich und ist nicht unbedingt üblich – weder in Berlin noch in anderen Städten.“

Beauftragter für gemeinwohlorientierte Immobilienangelegenheiten der AKS Gemeinwohlund Vorstand der Häuser Bewegen GIMA Berlin-Brandenburg eG i.G. Julian Zwicker:

„Eine Ansage an die vermeintliche Preisspirale – Verkäufe im Sinne der Stadt und zum Wohleder Nutzer*innen sind auch in angespannten Zeiten möglich – gesagt, getan! Ich bin sehr froh überdiese respektvolle Zusammenarbeit mit Verkäufer, Käuferin, den Maklern und den Mieter*innen. DasModell des „präventiven Erwerbs“ kann mit der AKS Gemeinwohl, dem Bezirksamt Xhain undberlinweit mit der neu gegründeten Genossenschaftlichen Immobilienagentur (GIMA) Schulemachen.“


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