Rigaer Straße 94: „Hauseigentümer“ scheitert erneut vor Gericht
Pressemitteilung von: Justiz Berlin
Die Zivilkammer 6 des Landgerichts Berlin hat heute den Einspruch der Klägerin gegen ein Versäumnisurteil, das gegen sie im Februar 2017 ergangen war, als unzulässig verworfen. Dadurch hat die Klägerin aus prozessualen Gründen den Rechtsstreit, mit dem sie die Räumung der Rigaer Straße 94 gegen einen Verein gerichtlich durchsetzen wollte (vgl. zuletzt Pressemitteilung 20/2018), in erster Instanz verloren.
Bereits bei der ersten mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 war es nur um die Zulässigkeit der Klage gegangen und die materiell-rechtliche Frage, ob der verklagte Verein ein Recht hat, in den Räumen zu bleiben oder nicht, war nicht Gegenstand der Erörterung. Der Verein hatte schon damals gerügt, dass die Klägerin, eine englische Limited, nicht über einen wirksam bestellten gesetzlichen Vertreter verfüge und ihr Rechtsanwalt nicht bevollmächtigt sei. U.a. da die Klägerin in der damaligen Verhandlung keine Vollmacht vorlegen konnte, ließ sie ein sogenanntes Versäumnisurteil gegen sich ergehen, um Zeit zu gewinnen. In der heutigen mündlichen Verhandlung äußerte das Gericht Zweifel daran, dass der von dem Rechtsanwalt der Klägerin gegen dieses Versäumnisurteil am 20. Februar 2017 eingelegte Einspruch zulässig sei.
Die Rechtsform der Klägerin sei ähnlich einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgestaltet. Die deutsche GmbH werde durch einen Geschäftsführer vertreten, die englische Limited durch einen Director. Im deutschen Recht gebe es das Handelsregister, durch das gerichtlich vor Eintragung geprüft werde, ob der Geschäftsführer wirksam bestellt worden sei. Das englische Recht kenne dagegen nur ein Register (sog. Companies House), das von einer Verwaltungsbehörde geführt werde und in das die Directors eingetragen würden, ohne dass eine (gerichtliche) Überprüfung erfolge, ob die Bestellung wirksam war. Die Eintragung des Directors in dieses Register genüge daher für sich allein nicht zum Nachweis seiner wirksamen Bestellung.
Für den Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs am 20. Februar 2017 habe die Klägerin gar keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass sie damals über einen wirksam bestellten Director verfügt habe. Dieser Director war im Sommer letzten Jahres verstorben und dieser Umstand hatte zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits geführt. Die Klägerin hatte dann zwar im Februar 2018 angezeigt, nunmehr einen neuen Director bestellt zu haben. Aber auch insoweit äußerte das Gericht in der heutigen mündlichen Verhandlung Zweifel an dessen wirksamen Bestellung. Die zum Nachweis vorgelegte Bescheinigung eines englischen Notars genüge nicht. Denn aus dieser Bescheinigung lasse sich nicht ersehen, welche konkreten Unterlagen der Notar geprüft habe. Somit könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin prozessführungsbefugt sei, also durch ihren Director wirksam handeln könne. Zudem fehle es weiterhin an dem Nachweis einer ausreichenden Vollmacht für den Rechtsanwalt der Klägerin.
Aufgrund dieser prozessualen Gründe hat die Klägerin den Rechtsstreit in erster Instanz verloren. Das heute verkündete Urteil des Landgerichts ist nicht rechtskräftig; die Klägerin hat die Möglichkeit, dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe einzulegen.
Landgericht Berlin, Aktenzeichen 6 O 200/16, Urteil vom 14. Mai 2018
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