Klagen abgewiesen - A100 kann gebaut werden
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass der Weiterbau der A100 erfolgen kann. Die Klagen wurden abgewiesen.
Gegen den 3,2 Kilometer langen Weiterbau der Stadtautobahn vom Autobahndreieck Neukölln bis zum Treptower Park hatten Anwohner, der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und andere Umweltschutzverbände geklagt.
Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts:
Berliner Stadtautobahn A 100 darf gebaut werden; aber teilweise neue Entscheidung über Lärmschutz erforderlich
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Klagen mehrerer in ihrem Eigentum oder durch Immissionen betroffener privater Kläger sowie des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg und des BUND Berlin gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landes Berlin für den Neubau der A 100 im Bereich zwischen dem Autobahndreieck Neukölln und der Anschlussstelle Am Treptower Park im Wesentlichen abgewiesen. Allerdings muss das beklagte Land Berlin einzelne Kläger hinsichtlich der Ansprüche auf Schallschutz erneut bescheiden.
Der 3,2 km lange Autobahnabschnitt soll als Teil des sog. mittleren Rings die Innenstadt von Berlin vom Durchgangsverkehr entlasten. Es ist vorgesehen, die A 100 in einem weiteren Abschnitt über die Anschlussstelle Am Treptower Park hinaus bis zur Frankfurter Allee fortzuführen. Die Kläger machen vor allem Fehler bei der Abwä-gung der Belange zum Schutz vor Lärm und Schadstoffen sowie nicht gerechtfertigte Eingriffe in das Grundeigentum geltend. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg beruft sich auf den Schutz seiner Bauleitplanung vor Störungen durch die neue A 100.
Die Klage des Bezirksamtes ist unzulässig, weil die Berliner Bezirke nach der Landesverfassung nicht originäre Träger der gemeindlichen Planungshoheit und daher in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht klagebefugt sind.
Im Übrigen hatten die Klagen nur in begrenztem Umfang Erfolg. Die für die Einschätzung der Lärm- und Schadstoffbelastungen maßgebliche Prognose der künftigen Verkehrsmengen kann nach den ergänzenden Erläuterungen des beklagten Landes Berlin im gerichtlichen Verfahren nicht beanstandet werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es nicht möglich ist, Überschreitungen der Grenzwerte für die Schadstoffbelastung mit Mitteln der Luftreinhalteplanung zu vermeiden. In die Abwägung durfte zugunsten des Vorhabens eingestellt werden, dass die Belastung mit Verkehrslärm im Stadtgebiet insgesamt zurückgehen wird. Die Annahme der Planfeststellungsbehörde, dass die Stauproblematik im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park beherrschbar sein wird, ist vertretbar. Eine nähere Prüfung der insbesondere vom BUND Berlin favorisierten Variante einer Halbanschlussstelle nördlich der Spree war wegen der damit verbundenen verkehrstechnischen Nachteile nicht geboten. Nach dem in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärten Verzicht auf den Abriss eines Wohnkomplexes ist der Zugriff auf das Grundeigentum der Kläger auch in seiner konkreten Ausgestaltung frei von Mängeln.
Allerdings ist die Lärmschutzkonzeption des beklagten Landes Berlin nicht in vollem Umfang plausibel. Zwar führt der Umstand als solcher, dass die Lärmschutzwände, die der Plan vorsieht, nicht allen betroffenen Klägern einen Vollschutz gegen Grenzwertüberschreitungen gewährleisten, nicht auf einen Rechtsfehler. Es gilt aber das Prinzip des Vorranges des aktiven Schallschutzes (insbesondere durch Lärmschutzwände) vor dem passiven Schallschutz (durch Lärmschutzfenster). Daher muss stets zunächst untersucht werden, welcher Betrag für einen Vollschutz aller Lärmbetroffenen durch aktiven Lärmschutz aufzuwenden wäre. In einem zweiten Schritt ist auf dieser Grundlage sodann zu ermitteln, welcher Aufwand nach den Umständen des Einzelfalles gerade noch verhältnismäßig ist, um eine maximale Verbesserung der Lärmsituation zu bewirken. Diesen Anforderungen genügt das Lärmschutzkonzept des beklagten Landes in einem örtlich begrenzten Teilbereich (Beermannstraße/ Kiefholzstraße) derzeit nicht.
BVerwG 9 A 10.11, 18.11 - 20.11 - Urteile vom 10. Oktober 2012